Letztendlich macht Altern glücklich. Klar wird man dicker und bekommt Falten, aber man hat auch viel mehr Freiheit.
Isabella Rosselini
Gelegentlich erschrecke ich vor mir selbst.
Ein ganzes Leben prägen weibliche Geschlechtshormone die körperliche Entwicklung und das Wohlbefinden einer Frau. Gelegentlich erschrecke ich vor mir selbst: in der Pubertät, während des Menstruationszyklus oder des fühlbaren hormonellen Umbruchs in der Perimenopause.
Der Hormoncocktail als Taktgeber.
Ob wir mit Problemen spielend leicht umgehen oder rasch von ihnen genervt sind, hängt maßgeblich von unserer inneren Zyklusuhr ab. Appetit, Fitness, Aussehen, sexuelle Ausstrahlung und seelische Ausgeglichenheit werden vom Hormoncocktail beeinflusst, der täglich neu gemixt wird. Bis zu 400-mal vollzieht sich der monatliche Zyklus im Leben einer Frau. Damit ist er gleich nach dem Schlafrhythmus der wichtigste Taktgeber im weiblichen Körper und spiegelt sich sowohl im körperlichen als auch im emotionalen Befinden wider. Wirklich verstanden fühlt man sich nicht und schon gar nicht wertgeschätzt, gebeutelt vom hormenellen Ungleichgewicht. Miriam Stein trifft es ganz gut mit ihrer Aussage:
Die Menopause überbietet selbst PMS noch an Geringschätzung.
Miriam Stein
Östrogen als weiblicher Orchesterdirigent.
In der Mitte des Lebens bekommt der Tanz der Hormone eine neue Choreografie. Dachten Forscher einst, dass ca. 200 Hormone unsere Körperfunktionen koordinieren, geht man heute von über 1.000 aus. Viele dieser chemischen Botenstoffe verzeichnen in der Lebensmitte einen Abfall. Keine wirbeln uns so spürbar durcheinander wie Östrogen bzw. Testosteron. Grund hierfür ist zum einen wohl ihr relativ abrupter Abfall, zum anderen ihr enormer Einfluss auf unseren Körper. So prägen die Geschlechtshormone unsere Identität, unser Fühlen, Handeln und Denken. Östrogen ist ein missverstandenes Hormon, denn es wurde lange als Sexualhormon abgestempelt. Es wird nicht nur in den Eierstöcken produziert, sondern ist auch im Gehirn auffindbar. Viele Funktionen haben also gar nichts mit Fortpflanzung zu tun. Östrogen agiert als Hauptregulator des weiblichen Gehirns. Zudem haben sie bei vielen weiteren Lebensprozessen, wie dem Knochenstoffwechsel oder dem Fettmetabolismus, ihre Hände im Spiel.
Warum koppeln wir Weiblichkeit an Fruchtbarkeit?
Gesellschaftlich gesehen wird erwartet, dass man diese Befindlichkeiten für sich behält und nach außen weiter funktioniert. Dabei gilt es möglichst sportlich und schlank zu bleiben und sich nicht durch zu viel Botox und Filler die Natürlichkeit nehmen lassen. Es geht um ein neues Körperverständnis jenseits von Periodenblutung und Wochenbett. Der Körper fordert wieder mehr Aufmerksamkeit seiner selbst willen und besteht auf eine gesunde Co-Existenz. Was bleibt von einer Frau über, wenn sie ihre biologische Definition, die Fruchtbarkeit, verliert? Der Wert einer Frau hängt nicht von Ihrer Gebärfähigkeit ab, zu keinem Zeitpunkt ihres Lebens. Und auch nicht ihre Attraktivität.
Stigmatisierung der Menopause – Wut zündelt im Hals wie Feuer.
Die chemische Ursache für Wutattacken ist der Neurotransmitter Serotonin. Er regelt den emotionalen Haushalt und sorgt für Ausgeglichenheit. Für die körpereigene Herstellung benötigt man Östrogen. Gerät der Östrogenhaushalt außer Kontrolle, passiert dies auch mit dem Serotoninhaushalt. Wut ist eine ungeliebte Emotion. So viele ausgleichende Hobbies kann man gar nicht haben: man arbeitet im Garten, veratmet beim Yoga, läuft Marathons, fährt wie verrückt Rennrad, kocht auf Sterneniveau, backt als hängt das Leben davon ab: die Wut in Mehlspeise verwandeln sozusagen, von der Osterpinze zum Panettone.
Hormonersatztherapie – ein Multi-Milliardengeschäft.
Dient die Hormonersatztherapie nur dazu, Frauen sexuell länger verfügbar zu machen? Chemische Hormone wollen wir nicht, weil sie bekanntlich u.a. krebserregend sind. Sie begünstigen laut Studien Krankheiten wie Brustkrebs, Herzinfarkt, Schlaganfall und Blutgerinnsel.
Aber bioidentische Hormone werden von Gynäkologen wie z.B. Sheila de Liz mit Nachdruck propagiert. Bioidentische Hormone werden u.a. aus Yamswurzel gewonnen und gleichen exakt den körpereigenen Hormonen.
Soja und mexikanische Yamswurzel.
Auf eine lange Geschichte als natürlicher Begleiter in der Menopause kann die Yamswurzel zurückblicken. Yamsextrakt trägt zur Reduktion von menopausalen Beschwerden, wie Hitzewallungen, Schwitzen und Rastlosigkeit bei.
Zwar sind Pflanzen das Ausgangsmaterial für bioidentische Hormone, doch kann man diese nicht gänzlich aus der Natur gewinnen. Um bioidentische Hormone herzustellen, muss man aus Pflanzen wie Soja oder der mexikanischen Yamswurzel zunächst einen Rohstoff extrahieren. Diesen wandelt man anschließend im Labor in die entsprechenden Hormone um.
Man kann bioidentische Hormone oral oder als Creme beziehungsweise Gel über die Haut aufnehmen. Bei der oralen Einnahme ist die Dosis höher, da die Leber einen Großteil der Hormone sofort abbaut. Bioidentische Hormone sind viel besser verträglich als synthetische Hormone, doch muss man dennoch mit Nebenwirkungen rechnen. Die Behandlung kann das Risiko für verschiedene Erkrankungen erhöhen und ist mit dem Arzt deines Vertrauens zu besprechen.
Body Positivity – wenn die Lieblingshose zu eng wird.
Body Positivity ist eine soziale Bewegung: Ich muss mich nicht schlecht fühlen, wenn ich eine Hosengröße größer kaufen muss. Männer trifft dies genauso, am Rande erwähnt. Ist ein gestählter Körper die Lösung für eine perimenopausale Fettschicht oder eher Verdrängungstaktik? Sport und Training sind kaum aus dem gesunden, modernen Selbstbild wegzudenken. Ist es weibliche Selbstermächtigung, oder eher Selbstoptierung, um den gesellschaftlichen Ansprüchen zu genügen?
Darf eine Feministin einen goldenen Porsche fahren?
Frausein im 21. Jahrhundert sollte nichts mehr mit vorgefertigten Körperbildern zu tun haben. Muss eine Feministin immer links sein oder darf sie sich auch mit Mode- und Beautythemen beschäftigen? Bin ich weniger Feministin, wenn ich Falten und Fettposter nicht einfach wegstecken kann? Warum wird man dadurch gleich als oberflächlicher eingestuft? Ist das nicht alles unter dem Dach „Freiheit“ zu betrachten? Zwischen der Lebefrau, die beherzt futtert und trinkt und der superfitten Green Smoothie und Quinoa-Bowl Tante muss es ja noch was geben.
Warum soll ich mir die Haare abschneiden!?
Ab einem bestimmen Alter tragen viele Frauen ihre Haare kürzer, weil für sie ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Sie wollen nicht mehr aufreizen, sondern eher was Praktischen. Haare als Symbol der Fruchtbarkeit und Jugend stammt aus vorindustriellen Zeiten. Haare gehören zu den emotionalsten Themen für Menschen, was für Männer und Frauen gleichermaßen gilt. Männern gelingt es allerdings besser, ihren Verlust an Haaren durch Attitüde wettzumachen.
Empty Nest Syndrom.
Einsamkeitsfragen nach Weggang der Kinder aus dem Elternhaus stellen sich nicht nur für Heidi Klum sondern für viele Mütter, die plötzlich allein zuhause sind und deren Kinder irgendwo anders ihren vorgezeichneten Weg gehen. Dann kommt der Hund oder Kochbuchbacken und gesteigerter beruflicher Ehrgeiz, der immer noch oft nach unserer wirtschaftlich orientierten Logik den Wert unseres Körpers ausmacht. Das macht Spaß, ist aber nicht unbedingt sinnstiftend.
„Eine Frau in der Menopause ist gefährlich, weil sie über ihre Grenzen hinausgeht, weil sie Dinge in Frage stellt, weil sie Strukturen in Frage stellt, die für die anderen die ganze Zeit funktioniert haben.
Das geniale ist, dass du plötzlich die Dinge siehst, wie du sie haben willst und sie nicht mehr haben willst.
Sheila de Liz
Quelle:
- Biogena.com
- „Die gereizte Frau“ Miriam Stein Originalausgabe April 2022, Goldmann Verlag
- https://www.gesundheitsinformation.de/hormontherapie-gegen-wechseljahrsbeschwerden.html
https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/krebsrisiko-hormonersatztherapie-in-den-wechseljahren.php
No Comments